Auf zwei bundesweiten Seminaren Ökologisch Bauen, die in Karlsruhe bzw. Kaiserslautern stattfanden, haben sich Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen, vor allem jedoch Architekten, Bauingenieure und Raumplaner, getroffen. Neben Vorträgen zum Thema wurde die Umsetzung von Ökologie bzw. Nachhaltigkeit in der Lehre thematisiert. Dabei stellte sich heraus, daß an den meisten der vertretenen Hochschulen die Lehre in diesen Bereichen unbefriedigend bzw. überhaupt nicht vorhanden ist. Als Ansatz zur konstruktiven Lösung des Problems wurde eine bundesweite Initiative Ökologie / Nachhaltigkeit in die Lehre gestartet und dieses Diskussionspapier verfaßt.
Motivation
Anbetrachts der derzeitigen globalen Entwicklungen wird die Hochschullehre dem Handlungsbedarf nicht gerecht. Klimaveränderung, Ressourcenverknappung, Regenwaldzerstörung, schleichende Vergiftung unserer Lebensgrundlagen Luft, Wasser und Boden. Dabei werden diese Themen nicht mehr alleine in Müsli-Kreisen diskutiert, sondern auf höchster internationaler Ebene wie z.B. die UNCED-Konferenz in Rio de Janeiro, der Klimagipfel in Berlin bzw. in Kyoto. Mit dem Agenda 21-Prozeß wird das Thema Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene umgesetzt. Die Bundesrepublik ist Exportweltmeister was Umweltschutzgüter angeht. Viele Tausende Arbeitsplätze sind in zukunftsträchtigen Bereichen des Umweltschutzes geschaffen worden.
Definition
Nachhaltigkeit heißt für die jetzige Gesellschaft so zu wirtschaften, daß ein ebenso hoher Lebensstandard für die nachfolgenden Generationen gewährleistet ist. Im Speziellen dürfen im nachhaltigen Sinn z.B. nicht Lebensgrundlagen zerstört werden oder Ressourcen in zu hohem Maß abgebaut werden. Nachhaltiges Bauen ist also nicht nur als das in gewissem Maße etablierte ökologische Bauen zu verstehen, hier sind ganz besonders ganzheitliche Planungsansätze notwendig, um die Kriterien der Nachhaltigkeit allgemein zu erfüllen.
Ökologisches Bauen - Allgemeine Situation
Im ökologischen Bauen bzw. in der Baubiologie wurden in den letzten
20 bis 25 Jahren sehr viele Erkenntnisse und Erfahrungen gesammelt, die
teilweise auf traditionelle und regionale Bautechniken zurückgreifen,
teilweise auch völlig neu sind. Die Entwicklungen sind soweit fortgeschritten,
daß neuere ökologische Siedlungen, wie z.B. Bielefeld-Waldquelle
von Architekturbüro Hans-Friedrich Bültmann, kosten- und nutzergünstiger
realisiert werden konnten als vergleichbare Siedlungen in konventioneller
Bauweise. Ebenso sind die meisten der 50-60 ökologischen Siedlungen
in Deutschland mit Baupreisen um 2500 DM/qm Wohnfläche gebaut worden,
manche sogar unter 2000DM/qm (ca. im Baujahr 1980). Der Eindruck, daß
ökologisches Bauen dreimal so teuer und nicht zu bezahlen ist, entsteht
einerseits durch den falschen Einsatz ökologischer Materialien, andererseits
durch die sehr stark publizierten Pilot- und Modellhäuser, wie z.B.
das energieautarke Solarhaus in Freiburg, das zwei Millionen DM für
ein Einfamilienhaus kostete.
Oft werden trotz neuen Erkenntnissen Baumaterialien verwendet, die
gesundheitsgefährdend auf die NutzerInnen der Gebäude wirken.
Hier wirtschaftet die Bauindustrie auf gesellschaftliche Kosten, da die
Kranken-kassen von der Allgemeinheit bezahlt werden. Viele ökologische
Materia-lien sind jedoch auf dem Weg sich zu etablieren. Die konventionellen
Bauprodukthersteller versuchen teilweise mit Hetzkampagnen gegen die Ökobranche
ihre Marktanteile zu verteidigen, obwohl diese gerade mal einen Marktanteil
von ca. 1-2 % haben (Angaben nach Öko- & Fach-handelsverband für
Ökologie und Bautechnik, 1997). Ebenso sind die ersten entstandenen
Öko-Baustoffmärkte ein Zeichen für einen wachsenden Ökobaustoffmarkt.
Ökologisches Bauen und die Hochschulen
Der globale Handlungsbedarf besteht, das Know-How ist entwickelt, die
Wirtschaftlichkeit ist in den meisten Bereichen erreicht. Dennoch fehlt
es an der breiten Umsetzung. Dabei kommt den Hochschulen eine Schlüsselrolle
zu, da sie die heranwachsenden Planerinnen und Planer ausbildet.Die Ökologie
spielt in der Hochschullehre nur eine untergeordnete Rolle, wie wir an
zwei bundesweiten Seminaren, an denen VertreterInnen von 15 Hochschulen
anwesend waren, in einem Erfahrungsaustausch feststellen mußten.
In Vorlesungen wird oft nur pauschalisiert und polemisiert, Stichwort:
Müsliarchitektur. Eine weitergehende Diskussion findet nicht
statt. Zeitgeist von vor 30 Jahren?
An vielen Hochschulen ist das ökologische Bauen zwar im Struktur-
bzw. Lehrplan verankert, es gibt jedoch nur unzureichende oder gar keine
Angebote dazu. Oft wird dann von studentischen Initiativen versucht dieses
Defizit durch selbstorganisierte Veranstaltungen zu kompensieren. Der Begriff
des Ökologischen Bauens verkommt zum Schlagwort und Verkaufsargument.
Hier besteht unserer Meinung nach Handlungsbedarf von Seiten der Hochschulen.
Wo, wenn nicht hier können Innovationen definiert, geklärt und
gedacht werden? Einen weiteren Hinweis bieten studentische Architekturwettbewerbe,
wie z.B. der 2. Leipziger Ökologiepreis, der im Rahmen der
Leipziger Baufachmesse vergeben wird und mit einem Preisgeld von 15.000
DM dotiert ist. 1997 gab es lediglich 36 Einsendungen, wobei die Jury das
relativ geringe Niveau der meisten Arbeiten bei der Preisverleihung bemerkte.
Ihrer Ansicht nach liegt dies an der mangelhaften Ausbildung bzw. dem schlechten
Lehrangebot an den Hochschulen.
Gute Ansätze und Vorbilder
Es ist zwar grundsätzlich begrüßenswert, wenn sich studentische
Initiativen in freien Arbeitskreisen oder autonomen Seminaren dem Thema
annehmen, man kann es aber auch als Defizit in der Hochschullehre betrachten.
In den meisten Fällen werden diese freiwilligen Aktivitäten nicht
fürs Studium angerechnet, so daß man zwar viel lernt, aber gleichzeitig
die Studienzeit sich verlängert. Beispiele für Arbeitskreise
sind z.B. der AK ÖkoBau in Karlsruhe, der STAUB (Studentischer
Arbeitskreis Architektur, Bau und Umwelt) in Kaiserslautern, das Institut
für angewandte Bauökologie e.V. in Hamburg, oder die ÖkoBau
AG in Weimar. Die studentischen AKs bemühen sich um die Ergänzung
der Hochschullehre mit Vortragsreihen, Seminaren, Entwürfen, Studienarbeiten
bis hin zu Projektarbeiten wie Ökologisches Studierendenwohnheimen
im Selbstbau. Ein Problem studentischer Initiativen ist deren Diskontinuität.
Nach dem Weggang der Aktiven schlafen die Aktivitäten wieder ein.
Eine Integration in die Lehre findet i.d.R. nicht statt.
Ausdrücklich zu unterstützen ist die TIA-Initiative von Prof.
Thomas Herzog, Solararchitektur in die Lehre zu integrieren. TIA
wurde auf der vierten europäischen Tagung Sonnenenergie in Architektur
und Stadtplanung in Berlin 1996 gegründet und steht für Teaching
in Architecture Energy an Environment. Es gibt drei Ansätze, ökologische
Gedanken in die Lehre zu integrieren:
Aus der dargestellten Situation ergibt sich die dringende Notwendigkeit
zum Handeln. Wir fordern daher die Umorientierung der Lehre an den Hochschulen
auf die Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung. Neues und vorhandendenes
Wissen im Ökologiebereich muß konsequent und ohne Verzögerung
in den Lehrplänen verankert werden und diese Lehrplänegenauso
konsequent umgesetzt. Darüber hinaus ist das nachhaltige Bauen zu
institutionalisieren, vakante Professuren entsprechend zu besetzen.
Dadurch wird die Grundlage zu einer Sensibilisierung der Studierenden
für die Erfordernisse ihrer zukünftigen Arbeit gelegt. Diese
soll weiterhin durch eine Revision der Lehrformen in die Fähigkeit
zum verantwortlichen Planen münden. Neue Wege können hier beispielsweise
in fächerübergreifender Zusammenarbeit liegen, in ökologie-spezifischen
Studienarbeiten und Entwürfen, Projektarbeit, Workshops, etc. Eine
Unterstützung und gezielte Förderung studentischer Eigeninitiative
sowie deren Anerkennung als Studienleistung muß ebenso selbstverständlich
sein.
Zusammenfassung
Wir nehmen an, daß auf den zwei Seminaren nicht unbedingt ein repräsentativer Querschnitt der Hochschullandschaft vertreten war, da wahrscheinlich hauptsächlich nur Leute von Hochschulen gekommen sind, an denen es eben keine Angebote zu nachhaltigem und ökologischem Bauen gibt. Deshalb sind wir nun auf Eure Reaktion angewiesen: Bitte teilt uns kurz mit, wie es an Eurer Hochschule aussieht.
Ergehe Dich des öfteren
in Wäldern
statt
in Büchern.
Bäume und
Steine
sind das,
was nicht in Magistern
zu finden ist.
Strategie